Geldanlage News

15.6.2023

Meinung: Märkte, Zinsen, Inflation – die Aussichten für 2023

Ein Gastbeitrag von Christian Diener, Geschäftsführender Partner bei Pensador Partner AG

Die Fronten zwischen China und dem Westen sind nach wie vor verhärtet. Ein Ende des Ukraine-Krieges ist nicht in Sicht. Weitere geopolitische Konfliktherde wie im Nahen Osten oder zwischen China und Taiwan sowie zwischen China und Indien könnten erneut für Volatilität an den Märkten sorgen. Dennoch zeigen sich die globalen Wirtschaftsindikatoren besser als erwartet, obwohl sich in etlichen Ländern die Anzeichen für einer Konjunkturabschwächung mehren. Deutschland befindet sich bereits in einer technischen Rezession. Das Hauptrisiko, das wir derzeit sehen, ist eine weitere Verschärfung der Kreditvergabestandards. Inwieweit der jüngste Banken-Stress nun zu einem engeren regulativen Korsett im Kreditgeschäft führt, wird sich zeigen. Unserer Ansicht nach werden die Situation an den Kreditmärkten, die US-Geldpolitik und die Entwicklung der Unternehmensgewinne zentrale Einflussfaktoren für risikobehaftete Vermögenswerte sein. Auch nach der Einigung über die Schuldenobergrenze bleiben die Bondmärkte angespannt.

Was die Inflation betrifft, so haben wir mit dem Rückgang der Energiepreise und der Lösung von Lieferkettenproblemen spürbare Fortschritte bei der Verringerung des Preisdrucks gemacht. Die US-Notenbank konzentriert sich vor allem auf die Kerninflation. Diese ist stark abhängig von der Entwicklung an den Arbeitsmärkten und neigt dazu, ziemlich hartnäckig zu sein. Aktuell steht die Kernrate immer noch ziemlich hoch und befindet sich weitab des Ziels der Fed. Die Anleger müssen über eine weiche Landung im Gegensatz zu einer Nicht-Landung nachdenken – eine Nicht-Landung wäre ein Andauern der hohen Dienstleistungsinflation, da das Konsumwachstum widerstandsfähig bleibt. In einem solchen Umfeld müsste die US-Notenbank die Zinsen wahrscheinlich weiter anheben, was zu einer schwereren Rezession führen könnte.

In Europa haben wir einen florierenden Dienstleistungssektor und einen starken Konsum sowie einen angespannten Arbeitsmarkt, jedoch eine schwächelnde Industrie. Dies ist für Europa besonders negativ, da der Kontinent im Vergleich zu den USA sehr viel verarbeitungsintensiver und exportorientierter ist. Nachdem europäische Aktien von Ende September 2022 bis im Mai eine deutliche Outperformance erzielten, erwarten wir für die nächsten Monate eine Underperformance von Europa, insbesondere wenn man die Währungsschwankungen mitberücksichtigt.

Ein wesentlicher Faktor für die europäische Wirtschaftsschwäche ist China. Der dortige Aufschwung nach der Wiedereröffnung ist abgeklungen und die Jugendarbeitslosigkeit wird zunehmend ein Problem. China wird geld- und fiskalpolitisch mehr tun müssen, um seine schwächelnde Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Punkto Bewertung hat sich der S&P 500 in letzter Zeit deutlich verteuert – im internationalen Vergleich ist der Markt hoch bewertet. Aber für den breiten Markt gibt es noch Aufwertungspotenzial, da jüngst primär die Mega-Caps der Technologiebranche stark liefen. Möglicherweise kann der S&P 500 sogar einen neuen Bullenmarkt starten, da die Erwartungen immer noch mehrheitlich pessimistisch sind, die Positionierung der Investoren Aktien noch untergewichtet und die Volatilität an den Bondmärkten sich beruhigt hat. Aktuell zeigt sich eine grosse Dispersion bei der Jahresentwicklung der Aktienmärkte. Die Aktienbörsen der OECD-Länder haben sich besser entwickelt als der Weltaktienmarktindex. Der DAX-Index ist auf einem Allzeithoch, der Nikkei auf einem 30-Jahres-Hoch, während die Schwellenländer das Schlusslicht bilden, weil vor allem China eine schwache Jahresperformance aufweist.

Vieles spricht in der aktuellen Situation dafür, nicht «den Markt» zu kaufen, sondern «das Unternehmen».  Aus Anlegersicht bietet dieses Umfeld gute Chancen für ausgewogene und aktiv gemanagte Portfolios wie das WAXTUM aktiv.